Achtsamkeit,  Erziehung...Beziehung,  Kindliche Entwicklung,  Persönlichkeitsentwicklung

Die Wut. Ich wüte. Er/Sie/Es wütet. Wir wüten. Warum machen uns unsere Kinder so wütend?

Manchmal ist es zum Haare raufen…jetzt habe ich doch schon so oft dieses oder jenes gesagt und keiner reagiert…Wieso hört mir eigentlich NIE jemand zu? Das treibt mich an den Rand des Wahnsinns und wenn NICHT GLEICH DAS GEMACHT WIRD, WAS ICH SAGE DANN…

Ja dann…dann passiert was?

Manchmal fange ich mich, atme tief durch, komme wieder mit mir in Kontakt und versuche zu verstehen was gerade für mein Gegenüber so schwer ist und warum das gesagte nicht anzukommen scheint… Manchmal werde ich auch lauter, da schaffe ich es einfach noch nicht rechtzeitig zu agieren – meistens dann wenn ich am Limit meiner Kräfte bin. Müde, erschöpft, hungrig… dann überrollt mich die Welle der Wut und ich schreie rum, bin ungerecht und unfair. Ich kann mich in diesen Moment nicht verbinden, weder mit mir, noch mit dem anderen. Und obwohl ich weiß, dass ich selbst für mein Gefühle und meine Reaktion darauf verantwortlich bin und weiß was ich tun kann, um es gar nicht erst soweit zu kommen, schaffe ich es nicht immer.

Das ist blöd und für mich schlimm in diesen Situationen und auch für mein Gegenüber, denn dann bin ich nicht der Mensch der ich sein möchte. Vor allem bin ich dann nicht die Mutter die ich sein möchte. Denn wir wissen wohl alle, dass unsere Kinder sehr viel häufiger und heftiger unsere Gefühlsausbrüche zu spüren bekommen (wenn wir der Meinung sind das sie etwas nicht richtig machen, sich falsch verhalten, nicht zuhören oder was auch immer), als es ein Erwachsener zu spüren bekommen würde. Hier können wir uns meist mehr zusammen reißen und beherrschen, denn mit Erwachsenen redet man ja so nicht.

Aber mit Kindern auch nicht. Kinder sind auch Menschen.

Erwachsene Menschen tun sich oft schwer ihren Ärger, den eigenen Kindern gegenüber, nicht einfach ungefiltert raus zu brüllen… Auch ich empfinde es heute, als erwachsene Frau und Mutter von zwei Kindern, zum Teil immer noch sehr schwierig mit meinen Gefühlen umzugehen. Ich weiß gar nicht wohin mit all dieser Energie, die sich in mir sammelt und woher diese Wut – die dann auftaucht – letztlich kommt. Durch meine bewusste Haltung Menschen gegenüber und den Wunsch das auch in meinen Handlungen auszudrücken, wollte ich mich unbedingt mit diesem Thema näher auseinander setzen und letztlich durch dieses Wissen einen Weg zu finden, Verständnis zu entwickeln und dann auch achtsamer mit den Gefühlen umgehen zu können.

Wir alle kennen Situationen in denen wir wütend werden. Mit unserem Partner, dem Kollegen, dem Chef oder wem auch immer. Doch keiner kann uns so in unserer Wut berühren wie unsere Kinder. Und es ist wohl auch recht unwahrscheinlich das wir unserem Chef so die Meinung geigen wie unserem Kind… Warum ist das so? Ich möchte diesen Artikel  nutzen um das Thema „Wut“ näher zu beschreiben. Informationen für dich zusammen zu fassen und dir vielleicht auch ein paar Impulse an die Hand zu geben, wie du lernen kannst deine Wut nicht unkontrolliert an deinem Kind auszulassen.

Warum machen uns unsere Kinder so wütend?

Wut ist an für sich erstmal ein Gefühl mit sehr viel Energie. Wenn wir wütend werden fühlen wir uns, als würden wir gleich „explodieren“, uns „platzt der Kragen“, wir „sehen rot“, „brüllen wie ein Löwe“ und was es sonst noch so für Assoziationen damit gibt. Allein diese Assoziationen, beschreiben die enorme Energie die die Wut begleitet. Sportler nutzen diese Energie für sich, um sich zu Höchstleistungen anzutreiben.

Kinderwut

Wut entsteht nicht einfach so, aus heiterem Himmel – auch wenn es sich manchmal so anfühlen mag, sondern ist ein sekundäres Gefühl. Unter der Wut liegen oft andere negative Gefühle und darunter unerfüllte Bedürfnisse, die, wenn wir zu lange warten, oder das Gefühl nicht erkennen, sich in der Wut einen Weg nach draußen schaffen.

Als Kinder haben wir oft beigebracht bekommen, negative Gefühle nicht nach außen zu tragen. Kein brüllen, schreien, stampfen, schimpfen, hauen, treten, Türen knallen. Wenn ein Kind enttäuscht oder traurig über eine Situation war, wurde oft davon ausgegangen das es „nur seinen Willen durchsetzen will“ und Eltern diesem „Ja nicht nachgeben dürfen“, um das Kind nicht zu verwöhnen und ihm zu signalisieren wer der Chef ist. Kindern wurde und wird heutzutage immer noch oft verboten ihre Gefühle – vor allem die negativen, wahrhaftig zu zeigen und sich damit auseinanderzusetzen. Wenn diese Situationen immer wieder auftauchen und dem kleinen Menschen signalisieren: „Es ist mir egal was du jetzt fühlst“ „Das ist nicht richtig“ „Du bist nicht richtig“ „Ich hab dich nicht lieb wenn du so bist“ lernen sie keinen konstruktiven Umgang damit und werden nicht in ihren Bedürfnissen gesehen.

Für uns Menschen gibt es dann zwei Wege: Entweder wir ziehen uns zurück – werden still und gehorsam, um nicht weiter in der Angst leben zu müssen unsere wichtigsten Bezugspersonen zu verlieren. Oder wir werden immer lauter, weil wir uns Gehör verschaffen wollen, dass es uns mit dieser Situation nicht gut geht. Kinder bekommen dann meist Etiketten wie „Verhaltensauffällig, Aggressiv, Störend“.

Egal welchen Weg Kinder in ihrer „Not“ nehmen. Beide sind ein Zeichen, dass es ihnen nicht gut geht. Kinder sind lebendig, fröhlich, Teamplayer, kreativ, voller Liebe und von Natur aus verhalten sie sich nicht dauerhaft aggressiv oder ziehen sich stark zurück. Das ist für Erwachsene ein Signal genauer hinzuschauen.

In unserer Kindheit wurde meist mit Methoden auf das Verhalten reagiert. Warum wir wütend geworden sind, geweint, geschimpft haben, wurde sehr oft nicht hinterfragt. Und das ist oftmals ein Grund im Erwachsenenalter, v.a. wenn wir selbst Kinder haben, der uns zum „explodieren“ bringt.

Unsere Kinder erinnern uns an unsere vergrabenen Gefühle und Bedürfnisse.

Wenn in uns ein negatives Gefühl aufsteigt, bedeutet das meist, dass ein Bedürfnis in uns nicht ausreichend gestillt ist. Das Verlangen nach Schokolade, kann durch das Bedürfnis von schneller Energiezufuhr ausgelöst werden. Die Verweigerung beim Schuhe ausziehen, kann ein Signal von Erschöpfung sein. Gerade wenn die sprachliche Entwicklung noch nicht ausgereift ist, Kinder noch nicht sagen können was in ihnen gerade vorgeht, ist es wichtig einen Menschen zu haben, der diese Bedürfnisse erkennt und darauf eingehen kann. Sie formuliert, das Bedürfnis stillt, Gefühle wahrnimmt, Alternativen anbietet…

Wenn wir diese Person nicht haben und grundsätzlich auf unser „falsches“ Verhalten mit Erziehungsmethoden reagiert wird, lernen wir dadurch, dass unser Gefühl nicht stimmt, dass wir so nicht empfinden dürfen, uns so nicht verhalten dürfen. Und so lernen wir auch keinen konstruktiven Umgang damit. Unsere Bedürfnisse werden wir nach und nach ignorieren und die aufsteigenden „negativen“ Gefühle verdrängen. Bis sie vielleicht an anderer Stelle ihren Ausdruck finden.

Gefühle wie Trauer, Enttäuschung, Hilflosigkeit u.a sind ein Ausdruck unseres Körpers das uns etwas fehlt und wir etwas brauchen, damit es uns wieder gut geht. Wir wieder im Gleichgewicht sind. Das kann ein Gespräch sein, Unterstützung, eine Umarmung oder vielleicht einfach nur das Gefühl das wir nicht alleine sein.

Im Alltag mit unseren Kindern kommen immer wieder Situationen auf, die uns an unsere (unbewussten) Kindheits-gefühle erinnern (auch „triggern“ genannt).

Wir fühlen uns zb. hilflos und allein, weil unser Kind nicht in den Schlaf finden kann und seit Stunden weint – vielleicht wurden auch wir zum einschlafen weinend allein gelesen und unser Gedächtnis hat dies immer noch gespeichert. Damals fühlten wir uns hilflos, allein und hatten Angst – ohne es sprachlich Ausdrücken zu können. Unser emotionales Gedächtnis erinnert sich an diese Situation. Und heute kommt irgendwann die heiße Wut hoch „Jetzt schlaf doch endlich mal

Wir sehen unser 2-jähriges Kind mit rotem Kopf im Einkaufsladen brüllen, weil es enttäuscht ist das es XY nicht bekommt und werden selbst an solche Situationen in unserer Kindheit erinnert.

Als ein Erwachsener vor uns stand, mit uns geschimpft oder vielleicht gedroht hat, uns allein ins Auto zu setzen wenn wir uns jetzt nicht endlich beruhigen. Unsere Bedürfnisse und Gefühle werden in diesem Moment nicht beachtet. Wir fühlen uns verletzt, sind traurig, haben Angst vor dem Allein-gelassen- werden. Als Kind „fügen“ wir uns häufig und unterdrücken unsere Gefühle. Als Erwachsener erinnert sich unser Gedächtnis an diese Momente. Und all das, was viele Jahre gut versteckt in uns lag, kommt plötzlich wieder hoch.

Durch unsere enge Verbindung zu unseren Kindern, haben sie, wie keine andere Person, die Fähigkeit uns zu unseren versteckten Gefühlen zu führen.

Zwei Artikel die ich dir wirklich ans Herz legen mag, gehen nochmal im speziellen auf unsere Kindheitserinnerungen ein. Beide sind von dem tollen Blog >Terrorpüppi<

Erinnerungen an die Kindheit. Irgendwas mit Weihnachten

Wie eigene Erfahrungen und Erinnerungen prägen: „Das hat mir doch auch nicht geschadet“

Sind wir uns über diese Vorgänge nicht bewusst, machen wir unser Kind für unsere Gefühle – unsere Wut – verantwortlich. „Wenn du dich nicht so aufführen würdest, dann müsste ich dich jetzt nicht ausschimpfen….“ „Wenn du dich nicht beruhigst, musst du jetzt eine Weile ins Zimmer, bevor ich noch RICHTIG wütend werde….“

 
Gedanken und Impulse
  • ALLE Gefühle dürfen sein und gehören zu uns Menschen dazu
  • Gefühle helfen uns, zu erkennen, was wir gerade jetzt im Moment brauchen
  • Gute oder schlechte Gefühlen gibt es nicht – jedes Gefühl das in uns, oder auch in anderen auftaucht, macht Sinn
  • Gefühle die auftauchen haben etwas mit MIR zu tun

Wenn es immer wieder Situationen im Alltag gibt, die schwierig sind, versuche im nachhinein eine Situation zu reflektieren und stelle dir folgende Fragen:

– WAS ist genau in dieser Situation passiert?

– WIE hast du dich dabei gefühlt

– WARUM kam das Gefühl hoch / Gab es einen bestimmten Glaubenssatz der in dir aufstieg (Bsp.: „Man muss immer pünktlich sein“ „Abends muss man das Zimmer aufräumen“ „Kinder haben zu gehorchen“)

– WELCHES Gefühl war zuerst da? Hilflosigkeit? Trauer? Erschöpfung? Angst?

– WELCHES Bedürfnis könnte für dich dahinter stecken?

Für mich war es ein unglaublich wichtiger Schritt zu erkennen, wann ich wütend werde und WAS genau dahinter liegt.

Denn dann konnte ich erst ins Handeln kommen, Glaubenssätze hinterfragen und im besten Fall auflösen. Oder auch schon vorsorglich aktiv werden. Gerade wenn wir nicht gut auf uns achten, kommen wir viel schneller an unsere Grenzen und werden dann auch deutlich schneller von unseren Gefühlen, wie Erschöpfung oder Hilflosigkeit, überflutet.

Mit diesem Artikel möchte ich nun erst einmal abschließen und möchte dich noch bitten, mir deine Erfahrungen gerne mitzuteilen. Hier als Kommentar oder auch gerne als Email. Gibt es Situationen die dich immer wieder herausfordern?

Ich freue mich auf deine Rückmeldung.

Alles Liebe ♥

Maria

2 Kommentare

  • kleinstadtloewen

    LIebe Maria,
    ich kenne das sehr, sehr gut. Meine Tochter schafft es, mich unglaublich wütend zu machen. Inzwischen glaube ich, dass es daran liegt, dass sie so herrlich unangepasst ist und sich nimmt/verlangt, was sie braucht – ganz anders als ich früher. Und seit ich das weiß, kann ich auch besser damit umgehen. Eine andere klassische SItuation bei uns: Abends sind meine Nerven einfach viiiieeel dünner. Nach dem Abendessen drehen die Kinder meist noch einmal auf, während ich schon darüber nachdenke, was ich noch alles erledigen muss, sobald die beiden schlafen…. und der Rest ist dann einfach die logische Abfolge: Ich werde ungeduldig, die Kinder quengelig, alles dauert länger, ich werde noch ungeduldiger, die Kinder noch quengeliger… und statt zu schlafen, müssen wir das dann erst nochmal besprechen! Ich arbeite daran!!!

    • Maria

      Ich verstehe gut was du meinst! Ich finde es immer wieder erstaunlich, was da zum Vorschein kommt, wenn wir anfangen uns selbst zu hinterfragen… Und was sich dann oft auch verändert 🙂 Danke für deine Nachricht ♥! Liebe Grüße, Maria

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